Eines war meiner Mutter sehr wichtig und sie hat es mich gelehrt: Ja, ich darf Fehler machen, doch sie hat auch darauf geachtet, dass ich die Konsequenzen meiner Fehler tragen muss. Ich muss die Verantwortung für sie übernehmen.
Einmal hatte ich Erdbeeren – oder waren es Kirschen? – aus dem Garten der Nachbarin genascht, um ehrlich zu sein, ich hatte sie gestohlen. Meine Mutter hatte es mitbekommen – keine Ahnung, wie sie es erfahren hatte. Daraufhin hatte sie mich mit sanftem Druck gedrängt, zur Nachbarin zu gehen, um meinen Diebstahl zu beichten und mich bei ihr zu entschuldigen. Mit hochrotem und gesenktem Kopf ging ich zur Nachbarin. Sie war sehr nett, hat nicht geschimpft und mir kleinem Lockenkopf verziehen. Einen Rat hat sie mir noch gegeben, den ich bis heute beherzige: „Mach das NIE wieder!“ Wenn ich Erdbeeren – oder waren es doch Kirschen? – haben möchte, dann soll ich sie fragen.
Ich glaube, es war das erste und, soweit ich mich erinnern kann, auch das letzte Mal, dass ich geklaut habe. Lesson learned – Lektion gelernt! Ach, wenn es doch immer so einfach wäre.
Und der Geldbeutel?
Manche Fehler sind teuer. Wenn ich die Verantwortung für meine Fehler übernehmen soll, ist es konsequent, dass ich den Schaden aus meiner eigenen Tasche zahle. Ganz einfach. „Verantwortung hört nicht am Geldbeutel auf!“
Doch so mancher stiehlt sich aus der Verantwortung! Im Dezember habe ich festgestellt, dass die Fahrertür meines Autos zerkratzt ist. Nicht sonderlich schlimm, doch die Werkstatt beziffert den Schaden auf knapp 1.900 €. Der Fahrer oder die Fahrerin des anderen beteiligten Fahrzeugs muss bemerkt haben, dass er oder sie mein Auto berührt hat. Fahrerflucht nennt man das und dieser Sachverhalt wird hart bestraft. Doch der Verursacher kann nicht ermittelt werden. Es ärgert mich, denn ich bleibe auf dem Schaden sitzen, den eine andere Person verursacht hat. Nun sind dies „Peanuts“ im Vergleich zu anderen Schäden.
Welche Schäden verantworten wir, für die wir nicht die Verantwortung übernehmen wollen? Bewusst oder unbewusst?
Beispiel Klima: Die aktuellen Diskussionen haben mich bewogen, das Thema „Verantwortung und Geldbeutel“ vertieft zu betrachten.
Letztens hat mir jemand gesagt, dass ihn die Klimadebatte nervt: „Ich will nichts mehr davon hören. Der Zug ist abgefahren. Wir können doch eh nichts mehr gegen den Klimawandel unternehmen. Trump, China und Russland haben sich aus dem Klimaschutz verabschiedet und das kleine Deutschland kann doch eh nichts bewirken.“ Ich war sprachlos. Zumal ich diese Aussage von dieser Person nicht erwartet hatte. Und wenn ich mir die Wahlkampfdebatten und die Umfragen ansehe, dann denken viele so. Warum nur?
Die einen leugnen den menschengemachten Klimawandel. Ich vertraue da eher den Fachleuten als den „alternativen Fakten“ und auf meine Wahrnehmung. Die Meteorologen sagen uns, dass sie Jahr für Jahr Temperaturrekorde messen. Soweit die Fachleute. Doch stöhnen wir nicht ALLE über die heißen Temperaturen der letzten Jahre?
Diese Zeilen schreibe ich aus dem Herzen Afrikas. Meine afrikanischen Freunde haben keinen Einfluss auf die Erderwärmung, doch sie sind die Leidtragenden. Jedes Grad mehr oder weniger spüren sie hautnah. Das Ökosystem ist sehr sensibel. Viele Faktoren beeinflussen, ob die Ernte gut oder schlecht wird. Wir leben hier in der Sahelzone. Frühling, Sommer, Herbst und Winter gibt es nicht. Das Jahr ist unterteilt in eine Trocken- und eine Regenzeit. Letztere dauert nur drei bis maximal vier Monate. Für eine gute Ernte muss der Regen in einem bestimmten Zeitraum beginnen. Er muss regelmäßig fallen. Allerspätestens nach vier Wochen muss es wieder Regnen, sonst vertrocknet das, was man gesät oder gepflanzt hat. Es darf auch nicht zu heftig regnen, denn dann werden die Samen oder die kleinen Pflänzchen und der gute Boden weggespült. Der Regen muss auch wieder rechtzeitig aufhören, sonst verfaulen die Pflanzen auf dem Feld. Nur wenn all diese Faktoren gut zusammenspielen, können die Menschen mit einer guten Ernte rechnen.
Unsere Freunde erklären mir, dass sich die Missernten aufgrund des Klimawandels häufen. Sie hatten in der Vergangenheit immer wieder einmal schlechte Ernten, doch der Abstand wird immer kleiner. In den letzten fünf Jahren hatten sie dreimal einen geringen Ertrag oder sogar einen Totalausfall. Ich lebe seit 2007 hier und kann diese Beobachtung bestätigen.
Ähnlich wie der Fahrer oder die Fahrerin, die mein Auto beschädigt und Fahrerflucht begangen hat, stehlen wir uns beim Klimawandel aus der Verantwortung und andere müssen sie Zeche zahlen.
Doch der Klimawandel geht auch an unseren deutschen Geldbeutel. Er verursacht Naturkatastrophen. Überschwemmungen häufen sich. Man denke nur an das Ahrtal. Immer öfter sind weite große Flächen überschwemmt wie 2024. Das Ausmaß der Wandbrände wird immer größer und sie häufen sich. Die Beseitigung der Schäden kostet Unsummen. Wer trägt diese Kosten? Die Gemeinschaft – sprich wir. Die Versicherung – sprich wir durch die Beiträge, die steigen. Und die Menschen in den betroffenen Regionen, die auf einem Großteil der Kosten sitzen bleiben. Man spreche nur mit einigen Betroffenen im Ahrtal.
Es gibt Menschen, die den Klimawandel leugnen. Ihre Argumente kann ich nicht nachvollziehen. Doch nehmen wir einmal an, ich habe recht und sie irren sich. Wenn wir so weiter machen wie bisher, dann hat dies verheerende Folgen. Milliarden von Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage und weite Teile unserer Erde – wir haben nur diese eine – werden unbewohnbar, wüst und leer.